Vom Steckdosenmodul profitieren alle

Jeder der in den letzten zehn Jahren in der Photovoltaik engagiert war kennt den dummen Spruch der Norddeutsche Hartz IV Empfänger zahlt dem Süddeutschen Zahnarzt die Photovoltaikanlage. Oft genug wiederholt hat sich dieser Spruch in die Köpfe der Menschen eingebrannt. Jetzt kommt aber die Retourkutsche. Von der Photovoltaik 2.0 profitieren alle. Auf den ersten Blick erscheint der Betrieb eines Steckdosenmoduls egoistisch zu sein. Schließlich investiert der Besitzer des Mikro Photovoltaiksystems (MPS) in die Stromproduktion für den Eigenbedarf. Es wird behauptet er entzieht sich der Finanzierung der Infrastruktur! Erst beim zweiten Blick wird klar, die meisten die sich solch ein Plug In System kaufen, werden ab und zu kostenlos Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Wohlgemerkt ohne dass eine Vergütung gezahlt wird. Noch nicht einmal gezählt muss dieser Strom werden. Es ist also eine anonyme Spende an das öffentliche Netz.

Bei meiner wirtschaftlichen Betrachtung eines 250 Watt Systems bin ich ja von einer Spanne zwischen 140 kWh und 240 kWh Stromproduktion im Jahr ausgegangen. Damit ich leichter rechnen kann gehe ich heute von einer Installation aus, die im Jahr 200 kWh Strom produziert.

Sollte eine Einzelperson die alleine in ihrer Wohnung lebt sich ein MPS an den Balkon hängen, sind theoretisch 20 % seines Strombedarfs mit diesem Modul abgedeckt. Leider wird derjenige wenn er auch noch einer regelmäßigen Arbeit nachgeht vielleicht nur 120 kWh seines selbst produzierten Strom im Haushalt verbrauchen, die restlichen 80 kWh speist er in das öffentliche Netz ein! Im anderen extremst Fall könnte es sein, dass die komplette Strommenge von 200 kWh im eigenen Haushalt verbraten wird. Dann profitiert natürlich „nur“ der Plug In Besitzer vom MPS. Dies dürften aber nur die wenigsten Haushalte sein. Der Normalfall ist derjenige der „Überschussstrom“ in das öffentliche Netz einspeist.

Schauen wir doch mal was mit den 80 kWh passiert wenn sie aus dem Hausnetz des MPS Besitzers in das öffentliche Netz fließt. Wo strömt denn dieser Strom hin? Logo, in eines der Nachbarhäuser. Bei maximal 250 Watt finden die 250 Wh irgendwo im Umkreis von 100 Meter einen Abnehmer.

Der Plug In Strom ist also auch Nachbarstrom!

Jetzt ist klar wo der im Plug In Modul produzierte Strom genutzt wird. Von verbrauchen kann ja keine Rede sein. Was wurde denn verbraucht?

Steckdosenmodulstrom wird im Haushalt oder beim Nachbarn genutzt.

Jetzt schauen wir uns mal die Kosten und Erträge an.

Die Kosten die für die Erzeugung der 80 kWh Strom trägt der MPS Besitzer. Er erhält keine Entschädigung. Er stellt den Strom dem Netzbetreiber zur Verfügung.

Der Nachbar zahlt für den kostenlos eingespeisten Strom ja ganz normal seinen Obolus von 29,8 Cent je Kilowattstunde.

In welchen Geldbeutel wandern diese fast 30 Cent?
Schauen wir uns mal die Aufteilung an:
6,5 Cent Netzentgelte, Messung, Abrechnung
6,2 Cent EEG Umlage
5,8 Cent Strombeschaffung
4,8 Cent Mehrwertsteuer
2,2 Cent Vertrieb (incl. Marge)
2,1 Cent Stromsteuer
1,7 Cent Konzessionsabgabe
0,5 Cent Kraft-Wärme-Kopplung-, Offshore-, §19- und Abschaltumlage

6,5 Cent Netzentgelte, Messung, Abrechnung (in Summe 5,20 Euro im Jahr)
Diese 5,20 Euro im Jahr steckt der Netzbetreiber (Konzessionsinhaber) ein. Er ist für den ordnungsgemäßen Betrieb des lokalen Netzes zuständig. In dieser Summe dürften auch die Entgelte für die übergeordneten Netze sein die beim Steckdosenmodul aber nicht in Anspruch genommen wurden!

6,2 Cent EEG Umlage (in Summe 5,20 Euro im Jahr)
Die 5,20 Euro landen nach mehrfachem hin und her Geschiebe auf dem Konto der EEG Umlage. Mit diesem Geld werden andere Kraftwerksbesitzer von Erneuerbaren Energien unterstützt. Auf diesem Konto sind im Jahr 2014 in Summe 22.392.421.389,12 Euro eingezahlt worden. Ob da die 5,20 Euro viel ausmachen mag ich nicht beurteilen…

5,8 Cent Strombeschaffung (in Summe 4,64 Euro im Jahr)
Über die 4,64 Euro freut sich der Netzbetreiber. Er hat nichts eingekauft erhält aber vom Nachbarn 4,64 Euro. Wenn der Netzbetreiber ein Stadtwerk ist kann dieser Betrag als lokale Förderung vom MPS Betreiber angesehen werden!

4,8 Cent Mehrwertsteuer (in Summe 3,84 Euro im Jahr)
Da freut sich Wolfgang Schäuble unser Finanzminister über 3,84 Euro die er erhält für den von der Sonne und dem Plug In „erstrahlten“ Mehrwert der aus dem nichts entstanden ist!

2,2 Cent Vertrieb (incl. Marge) (in Summe 1,76 Euro im Jahr)
Dieser 1,76 Euro landet im Säckel des Stromlieferanten vom Nachbarn. Obwohl der Stromlieferant (physisch) nichts geliefert hat klingelt es in seiner Kasse.

2,1 Cent Stromsteuer (in Summe 1,68 Euro im Jahr)
Da lacht der Wolfgang gleich nochmal und damit ist er in Summe derjenige der am meisten vom Plug In Modul profitiert. Mehrwertsteuer und Stromsteuer summieren sich auf 5,52 Euro im Jahr. Herzlichen Glückwunsch! Optimal. Nix gemacht und viel profitiert…

1,7 Cent Konzessionsabgabe (in Summe 1,36 Euro im Jahr)
Die Kommunen erhalten 1,36 Euro für die Nutzung des lokalen Netzes. Da wird es schon philosophisch wenn ich jetzt beschreiben soll wie sich hier der Vorteil durch weniger Abnutzung von Kopplungsstellen zum Übertragungsnetz ergeben sollen…

0,5 Cent Kraft-Wärme-Kopplung-, Offshore-, §19- und Abschaltumlage (in Summe 0,40 Euro im Jahr)
Die restlichen 40 Cent klimpern ebenfalls wie die EEG Umlage in das ominöse EEG Umlagekonto.

All diese Profiteure haben Vorteile vom Investor der MPS (ca. 650 Euro) der sich Umweltfreundlich im wahrsten Sinn des Wortes verhält. Also einfache Botschaft:

Vom Steckdosenmodul profitieren alle!
Das Plug In Modul dürfte das sozialste Kraftwerk von allen sein!

5 Gedanken zu „Vom Steckdosenmodul profitieren alle

  1. Rainer

    Wie kann eine selbst finanzierte Microanlage egoistisch sein – wohl kaum „egoistischer“, als das Fahrrad, mit dem ein Steuerzahler die von ihm mitfinanzierten Wege befährt. Genauso „egoistisch“ wie all jene die im eigenen Garten angebautes – selbst verzehren.

    Der Neuhauseigentümer – mit staatlich befohlenem „Passivhaus“ schädigt gleich ganze Industrien durch seine Weigerung mit einer „ordentlichen Heizung“ möglichst große Mengen an „sozial verträglicher aus aller Welt importierter Energie“ zu verbraten.

    Die Reihe grotesker Vergehen gegen die Solidarität lässt sich beliebig verlängern…

    Was speziell bei häuslichen PV-Anlagen – gleichgültig ob nun „Micro“ oder eben 4… 10 kWp absolut wie eine Steuer in der Wirkung ist, sind die pauschalen Netzentgelte. Kaum einer kWh aus diesen Anlagen gelingt es über den „Tellerrand“ der Ortsnetze hinaus zu wirken. Nahezu verlustfrei wird so im Ortsnetz verteilt, was sonst tatsächlich über weite Strecken, zahlreiche Trafostationen und sehr verlustbehaftet beim Endverbraucher ankommt.

    Asozial wird dennoch jede kWh mit Abgaben belastet, die eine „deutschlandweite Verbreitung“ lediglich suggerieren. Ganz im Gegenteil – durch die dezentrale direkte Verteilung in den Ortsnetzen, werden alle anderen Netze von diesen Energieflüssen entlastet. Ein wunderbare Maschine zur Geldvermehrung ohne jede eigene Leistung derer, die dafür beachtliche Summen kassieren.

    Für jede Wh die das neue „Kleinvieh“ die Microanlagen einspeisen zahlen die unwissenden Empfänger „rundum“ die volle Dröhnung – ganz genau so, als habe das zuständige EVU diesen Strom irgendwo zuvor fernab teuer eingekauft.

    Um es nochmals wenigsten zu erwähnen – auch alle „Volleinspeiser“ die für ~30% ihres „selbst angebauten Stroms“ genauso bezahlen, als habe in das zuständige EVU nicht gerade bei dem selben Erzeuger, zu dem je nach Jahr des Produktionsbeginn unterschiedlichen Preis „eingekauft“ – ebenfalls die volle Dröhnung zu einem Preis der selbstverständlich von der für Volleinspeisung erzielten „Gesamtgewinnsumme“ leider abgezogen werden muss.

    Eine gigantisch „unfreiwillige Solidarleistung“ von < 1 Million PV-Anlagenbetreiber die in ihre Anlagen vor 2009 investiert haben und all derer, welche sich nicht zur "Überschusseinspeisung" entschließen konnten. Die das – so meine Erfahrung – selbst so recht nicht glauben können – was eben mit der "sche… komplizierten Technik" zusammenhängt.

    Was Dein Rechnung leider nur unzureichend wiedergibt, (nicht böse sein !) wie teilt sich die "eigentliche EEG-Umlage" – also die (prognostizierten) 21% = 2014 0,0624 € / kWh unter den unterschiedlichen "Herkünften" bzw. dort verwursteten Kosten, weiter auf ?

    Obwohl ich die Zahlen im Mai 2014 auch für das Jahr 2014 bereits kannte, die Aufsplittung der EEG-Umlage konnte ich mangels der exakten Werte eben nur für 2013 errechnen. Von den damals 0,05277 €/kWh bleiben als reine Förderkosten lediglich echte EEG-Umlage gerade mal 0,02586 €/kWh übrig.

    Diese lassen sich nochmals in die unterschiedlichen "Erntemethoden" unterscheiden und das bedeutet, das pro PV-kWh lediglich 0,01551 €/kWh an ALLE PV-Anlagenbetreiber, entsprechend nach ihren tatsächlichen "Ernteerträgen" verteilt werden. Alle anderen Nicht PV-Betreiber erhielten gemeinsam 0,01034 €/kWh.

    Wen meine Überlegungen näher interessieren kann gern einfach mal oben auf "Rainer" klicken…

    Wer dort Fehler findet kann sie gerne behalten oder hier seine Kritik hinterlassen – Erhard freut sich über jeden konstruktiven Beitrag…

    Antworten
  2. Florian

    interessante Betrachtung der Thematik „Steckdosenmodul“.
    ich verfolge das Thema schon länger obwohl ich mehrere „grosse“ PV Anlagen betreibe und noch grössere (bis in den dreistelligen kWp Bereich mit überwache). Mehrere Dinge sollten unbedingt gelöst werden:
    – rechtliche Seite: Verzicht auf Festanschluss und Verzicht auf eigenen Stromkreis, Regelung erstrebenswert ähnlich Niederlande wo Steckdosen Plug and Play Einspeisung bis 600W (?) zulässig ist.
    – EEG + Netzbetreiber: Verzicht auf Vergütung nach EEG hattest Du erwähnt, gut wäre noch ein Verzicht auf einen Zweirichtungszähler, anstelle dessen der Einbau eines einfachen Zählers mit Rücklaufsperre. Ein Zweirichtungszähler würde sich evtl. ab drei bis vier Steckdosenmodulen „lohnen“ also ab rund einem kWp.
    – Finanzamt: wenn dann für den Eingespeisten Überschuss keine Vergütung bezahlt wird sollte das Ganze nicht als unternehmerische Tätigkeit gewertet werden. Also kein Unternehmertum und keine Kleinunternehmerregelung, allerdings ist dann USt bzw. MWSt beim Privatmann aufs Plug and Play Modul,zu

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  3. Florian

    …Fortsetzung von oben…
    bezahlen…
    – noch zuletzt mein Kritikpuntk an den Plug and Play Steckdosnmodulen: noch der Preis. Es gibt ja tolle fertige Produkte aber wenn ich mir das aufs KWp hochrechne wird mir meist ganz anders. Da entstehen dann kWp Preise von oft fast 2500€, die verbauten Zellen sind dann auch noch meist Fernost Durchschnitt, die Wechselrichter auch meist von Herstellern aus der sog. zweiten Reihe. Hier besteht noch Potential.

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  4. Hugo

    Solche Modulen sollten aber nur von Leuten mit entsprechender Kenntnis betrieben werden dürfen. Zu groß die Gefahr der Dinge, die bei völliger Unkenntniss passieren können.

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  5. Erhard Beitragsautor

    @Florian
    Am Preis sollte man momentan nich rütteln. Mit den momentan verkauften Stückzahlen und der Aufwand bei jedem Modul mit den Netzbetreibern kann kein Gewinn gemacht werden. Der ist aber notwendig um den Firmen ein auskommen zu ermöglichen.

    @Hugo
    Deine Aussage ist zu pauschal. Wer soll welche Kenntnisse haben? Was soll den passieren?

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